Gruβ an Thorvaldsen

 
Gruβ an Thorvaldsen

Hoch im Nordmeer
ragt eine eisige,
gluterfüllte
Insel zum Himmel.
Es ist deiner Ahnen
schönes Land,
entstiegen einst
dem Meeresschoβe.

Wohl sah die Insel
der Edlinge viele,
die durch Weisheit
und Wissen glänzten.
Doch kein andrer
Stern des Ruhmes
strahlte so hell
übers Land wie der deine.
 
Selig wär' die Insel,
könnte sie schaun
das Anmutvollste
für ihre Augen;
selig wär´ sie,
könnt' sie dir danken
für den Ruhm,
den du ihr verliehen.

Wer erhielt von Gott
eine höhere Sendung
und erfüllte
so voll sie wie du?
Des Himmels Schöpfer
enthüllte dir
die ganze Schönheit;
du zeigtest der Welt sie.

Einsam thront
weit draufien im Meere
deiner Vorfahren
Vaterland;
keins deiner lieblichen,
lebensvollen
Gebilde noch sah es
mit eignen Augen.

Doch wisse, im Mund
süβlächelnder Kinder
und sanfter Madchen
lebt dort dein Name,
der allbekannte,
den jedes Kind hier
die Mutter oftmals
nennen hört.

O, daβ du selbst doch
sehen könntest
das lichtumlohte,
hochragende Land,
wo über grünen
Grund dahin
eisblaue Bäche
dem Meer zueilen!

Dorten sind Hekla
und Hofsjökull,
Baldjökull, Bláfell,
und Baulatindur,
Hólmur, Hegranes
und Hlíð, die gute
allwo noch deine
Verwandten leben.

O möchte der groβe
Sohn des Thorvald
sein Stammland schauen
und schön auch finden
die Hoheit der Gipfel,
die Härte der Felsen,
die Anmut der Täler
und Kraft der Fälle.

Die Burschen und Maide,
die blauaugigen,
des Schneelands eilten
dir schnell entgegen,
so gut sie es könnten,
von kindlicher Liebe
dem gröβten Verwandten
Beweise zu bringen.

Doch strenge Vater
stürmischer Knaben,
mild sprechende Mütter
weiβhandiger Mädchen
segnen ihn
als schönstes Vorbild
für ihre Kinder,
nach Ruhm zu streben.

Und wenn unter südlicher
Sonne du auch
dein Leben verbringst
nach Allvaters Willen:
des Eislands Söhne
und Töchter werden
doch stets dich lieben,
solange die See braust.

 Poestion, J.C. (1904).