Am Ende der Reise
Den Liebesstern
Über´m Lavagipfel
Verdecket düstres Gewölk;
Hell stand er am Himmel,
Nun härmt und sehnt sich,
Der Jüngling im tiefen Thal.
Dort weiss ich mein Wünschen
Und meine Welt
Entfacht von göttlicher Flamme;
Mein Geist bricht die Fesseln
Und ganz und qar
Eil' ich in deine Arme.
Ich versenke mich und sehe
In die Seele dir
Und lebe mit dir dein Leben;
Jedes Atemzugs Glück,
Das Gott dir gönnt,
Fühl' ich im heissen Herzen.
Wir brachen Blumen
Auf hohem Berge,
Du und ich mit einander;
Strausse draus band ich
Und dir in den Schooss
Legt' ich liebliche Gaben.
Du kröntest das Haupt mir
Mit duftigen Kranzen
Von rötlichblauen Geranien
Und schautest und stauntest,
Wie schön das sei,
Und nahmst sie wieder hinweg.
Wir lachten auf der Höhe,
Der Himmel lag heiter
Und blau über'm Bergeskamm;
Nachst diesem Dasein —
So dünkte mich — hatte
Die Welt keine Wonne zu bieten.
Doch bitterlich weinten
Gute Blumenelfen,
Vorschauend unser Scheiden;
Wir nahmen's fürThau
Und die kalten Tropfen
Küssten wir von den Kräutern.
Auf dem Ross hielt ich ruhig
Dich im reissenden Strome,
Ward wonnig mir dessen bewusst:
Huten möcht' ich und hegen
Die holde Blüte
Den langen Weg des Lebens.
Am Galtarfluss glattet'
Ich dir die glänsenden
Locken mit liebender Sorgfalt;
Da lächeln die Lippen,
Da leuchten die Augen,
Die warme Wange errötet.
Weit entrückt ist nun
Deiner wonnigen Nähe
Der Jungling im tiefen Thal;
Der Liebesstern
Über'm Lavagipfel
Weilt hinter bergender Wolke.
Wohl trennet Welten
Der weite Rlaum,
Schneid' und Rücken scheidet die Klinge:
Doch liebender Seelen
Loose lassen
Ewig einander nicht trennen.
Lehmann-Filhés. M. (1894).