Bootsführer-Lieder
Das Hinausrudern.
Hochgehende Welle,
Was hast du im Sinn?
Trage du schnelle
Mein Schifflein dahin,
Bis ich zur Stelle
Da draussen bin.
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Frisch ist's noch, wir Fischer
Rudern durch die Fluten,
Hell erkracht die Welle,
Kalter Schwall ist drunter;
Hinter finstrer Wolk' ist
Morgenhell' verborgen,
Tief im Traum daheim noch
Liegt die Frau, die traute.
See der guten Mutter
Hat geraubt den Gatten —
Hell erkracht die Welle,
Kalter Schwall ist drunter;
Meine Brüder beide
Traf der Tod im Boote -
Frisch ist's noch, wir Fischer
Rudern durch die Fluten.
Stets auf stürm'sche Fluten
Stiessen derbe Kerle
Ueber'n Sand vom Strand den
Schnellen Wellenlöwen;
Unversehrt doch kehrt' ich
Immer, brachte heim auch
Guten Fang im Boote,
Freuend Frau und Leute.
Lasst auch heut aufs beste
Unser Boot uns hüten,
Tief im Traum daheim noch
Liegt die Frau, die traute;
Noch ist Nacht, entwich auch
Nun vom Meer das Dunkel;
Hinter finstrer Wollk´ ist
Morgenhell' verborgen.
Vorwärts, ob's auch zornig
Lodert unter'm Ruder,
gegen uns die Woge
Zischt mit garst'gem Gischte;
Spielend fliegt durch Kühle
Flut, gerudert mutig,
Keck dahin die Schnecke -
Schnell sind wir zur Stelle!
II
Auf dem Fischplats
Meermann, hilf du mir
Im dämm'rigen Saal,
Zaubre nun zu mir
Der Seetiere Zahl,
Gönne du Ruh' mir
Und Glück zumal!
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Auf den Seegrund sank der Anker,
Still hält auf der Wellen schwanker
Fläche nun der Fischersmann;
An die Angel jetzt den Köder,
Emsig suche nun ein jeder
Beute auf der Dorsche Bahn.
Schau, es beisst an deiner Leine --
Bring' nicht um das Fischlein kleine
Lass es lieber los, Gesell;
Doch den Dorsch gefangen, Leute!
Dass so gierig er nach Beute,
Straft sich fürchterlich und schnell.
Helfe Gott nun allen Händen!
Ostlich über Felsenwänden
Bricht sich Bahn der Sonnenschein;
Munter, Mann! aus kalten Wogen
Dir dein Mahl hervorgezogen —
Wucht'ger Anteil werde dein!
Woran denken diese Dummen,
Die sich drängen nach den krummen
Mordwerkzeugen Schar bei Schar?
Fangen sehn sie viel der Ihren,
Und doch lässt durch Gier verführen
Sich manch greiser Dorsch sogar.
Kaum noch berg' ich all die Beute;
Blieb' es immer doch wie heute,
Wo ein Mann beim Fischen wär!
Boot ist voll nun bis zum Rande,
Reichen Segen bringt's zum Strande -
Dir sei Lob und Dank, o Meer!
III
Das Heimsegeln.
Weichster der Winde,
Wehe mich an
Vom Meere gelinde
Und lass meinen Kahn
Gleiten geschivinde
Auf glitzender Bahn!
_________
Mast nun auf! Zur Mündung lauf mein
Meeresross, denn sehr verlangt den
Mann, der fest das Steuer handhabt,
Haus und Hof nun zu begrüssen;
Spannt das Segel, dass wir mögen
Salz'ge Wasser bald verlassen.
Was ist sel'ger wohl auf Erden,
Als zum Weibe 'heimzusegeln!
Längst schon harrt die Frau am Hause,
Hat erspäht des Bootes Segel,
Sieht es ducken, denkt, es sink' das
Schifflein in die dunkle Tiefe;
Hoffnung zieht, aus Furcht doch flieht sie,
Nicht wagt sie zu schau'n mehr, flüctet
Zu dem Kleinen, küsset meinem —
l'hrem Kind die runden Wangen.
Zieht, ihr Jungen, straff die Stränge!
Fast mir schien's, als ob die festen
Bänder sich im Winde lösten —
Wellenross, es dehnt die Mähne
Willig schiesst dahin und schnell, mein
Schifflein durch den Schaum des Riffes.
Was ist sel'ger wohl auf Erden,
Als zum Weibe heimzusegeln!
Leget nieder nun das Segel,
Leute, 's ist genug für heute;
Lasst vom Wasserreich uns lenken
Jetzt gewandt zur Landungsstelle.
Dir, o Herr, sei Danlc, du führtest
Diesmal auch uns gnädig, liessest
Uns gelangen mit dem Fange
Schwerbeladen heim vom Meere.
Lehmann-Filhés. M. (1894).