Island
Island, glückliches Land,
du gute, schneeweiβe Mutter!
Wo ist dein früherer Ruhm,
Freiheit und männliche Kraft?
Alles wechselt auf Erden,
und deine glorreiche Glanzzeit
leuchtet wie nächtlicher Blitz
fern aus entlegener Zeit.
Lieblich und schön war das Land,
schneeweiβ die Spitzen der Gletscher,
heiter der Himmel und blau,
hell auch und blinkend das Meer.
Damals kamen die Vater,
der Freiheit ruhmreiche Helden,
über das östliche Meer
in der Glückseligkeit Land,
bauten sich Haus und Hof
im Schoβe blumiger Taler,
lebten hier glücklich dahin,
glänzend durch mancherlei Kunst.
Dort auf der Lava, hoch oben,
wo noch wie damals der „Axtfluβ"
aus der „All-Leute-Schlucht"
tagte das Althingi
dort stand Thorgeir, als christlich
das Volk am Thinge geworden,
dort waren Gissur und Geir,
Gunnar und Hjedin und Njál.
Helden durchritten die Gaue,
und herrlich gerüstete Schiffe
brachten, aufs beste bemannt,
Waren in Oberfluβheim. —
Aber ganz stille zu stehn
ist schwer; es streben die Menschen
immer die Wege zurück
oder nach vorwarts die Bahn.
Was ist in sechshundert Jahren
aus unserer Arbeit geworden?
Gingen den richtigen Weg
wir wohl zum Guten empor?
Lieblich und schön ist das Land,
schneeweiβ die Spitzen der Gletscher,
heiter der Himmel und blau,
hell auch und blinkend das Meer;
doch auf der Lava, hoch oben,
wo noch wie damals der „Beilfluβ"
aus der „All-Leute-Schlucht" strömt,
tagt nun das Althing nicht mehr.
Nun ist die Bude des Snorri
ein Pferch und der heilige „Lögberg"
jährlich von Beeren ganz blau,
Kindern und Raben zur Lust!...
O, ihr Jünglinge all
und Islands erwachsene Söhne,
so ist der Vorfahren Ruhm
völlig vergessen . .. dahin
Poestion, J.C. (1904).